30.12.2007 08:12 18 Jahre

Bundesarbeitsgericht entscheidet gegen Monopol der IG Metall


Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke begrüßt Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Tariffähigkeit der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) bestätigt. Antrag der IG Metall zurückgewiesen.
 
Die Industrie Gewerkschaft (IGM) Metall ist vor dem Bundesarbeitsgericht gescheitert. Sie hatte beantragt, der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) die Tariffähigkeit abzusprechen. Der Antrag wurde am 28. März 2006 durch den Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts abgewiesen. Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH), der in die seit Jahren dauernden rechtlichen Auseinandersetzungen maßgeblich eingebunden war, begrüßt diese Entscheidung. Wir erkennen darin ein deutliches Signal für gewerkschaftliche Pluralität und gegen die Monopolansprüche von Großgewerkschaften“, kommentiert Ingolf Jakobi, Hauptgeschäftsführer des ZVEH, das Urteil. Die Tarifverträge in 12 der 16 Tarifgebiete der elektro- und informationstechnischen Handwerke sind mit der CGM vereinbart. Lediglich Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen verhandeln noch mit der IG Metall. Die BAG-Entscheidung fällt in eine für die IG Metall brisante Phase, da sich diese bis Ende Mai 2006 in Betriebsratswahlen und Warnstreiks befindet.
 
CGM ernstzunehmende Tarifvertragspartei
 
Die Christliche Gewerkschaft Metall (CGM) ist eine tariffähige Gewerkschaft“, so entschied das BAG. Sie erfüllt die hierfür erforderlichen Voraussetzungen. Insbesondere besitzt sie die nach der Rechtsprechung notwendige Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der Arbeitgeberseite.“ Zwar seien in ihr höchstens zwei Prozent der bundesweit in der Metall- und Elektroindustrie, im Metallhandwerk sowie in sonstigen Metallbetrieben beschäftigten Arbeitnehmer organisiert. Die CGM habe aber durch den Abschluss von etwa 3.000 Anschlusstarifverträgen und etwa 550 eigenständigen Tarifverträgen hinreichend unter Beweis gestellt, dass sie als Tarifvertragspartei von der Arbeitgeberseite wahr- und ernstgenommen wird, so das BAG in seinem Beschluss. Für die Annahme, es handele sich bei diesen Tarifverträgen um reine Gefälligkeitsvereinbarungen, gibt es keine Anhaltspunkte“, urteilte das BAG. Der Umstand, dass die CGM möglicherweise nicht überall in dem von ihr regional und fachlich beanspruchten Zuständigkeitsbereich durchsetzungsfähig sei, stehe ihrer Tariffähigkeit nicht entgegen. Es genüge, dass eine Arbeitnehmervereinigung in einem zumindest nicht unbedeutenden Teil des von ihr in Anspruch genommenen Zuständigkeitsbereichs durchsetzungsfähig sei, um die Tariffähigkeit insgesamt zu begründen. Auch die organisatorische Leistungsfähigkeit der CGM sei ausreichend, um die Aufgaben einer Tarifvertragspartei erfüllen zu können.
 
Neue Trends in der Rechtsprechung?
 
Die seit vielen Jahren andauernden Rechtsstreitigkeiten zwischen der IG Metall und der CGM wurden von Seiten des Handwerks maßgeblich durch den Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke begleitet. Aus Sicht des ZVEH macht das BAG den in den Elektrohandwerken bereits seit 1988 stattfindenden Wettbewerb zwischen IGM und CGM um zukunftsfähige tarifpolitische Lösungen nun nicht länger von formalen Mächtigkeitskriterien abhängig. Damit ist die Funktionsfähigkeit des Tarifvertragssystems gesichert, welches in erster Linie als ein flächentarifliches System angelegt ist.“, sagt Gerd Peters, Vorsitzender des Tarifausschusses im ZVEH. Das BAG entspricht aus unserer Sicht nun auch der Grundvorstellung vom mündigen Arbeitnehmer.“ Der ZVEH sieht in dieser Entscheidung eine tendenzielle Abwendung von der früheren Rechtsprechung. Bislang wurde mit der sozialen Schutzbedürftigkeit des einzelnen Arbeitnehmers argumentiert: Ihm könne nur durch einen Zusammenschluss zu mitgliederstarken und organisationsmächtigen Vereinigungen Rechnung getragen werden. Mit Blick auf die stetig schrumpfenden Mitgliederzahlen und die durch den globalen Standortwettbewerb hervorgerufene betriebliche Beugung von Flächentarifverträgen scheint auch Bewegung in die Rechtssprechung gekommen zu sein“, sagt Peters.
 
Die Industrie könne auf Haustarifverträge zurückgreifen oder verzichte immer häufiger - wie Beispiele zeigen - ganz auf Tarifverträge. Dieser Spielraum fehle dem Handwerk. Denn für das Handwerk bildet das flächentarifliche Reglement das Rückgrat der personalwirtschaftlichen betrieblichen Ordnung. Diese Regelungen müssen daher die betriebliche Wirklichkeit widerspiegeln und nicht weltfremd darüber schweben“, fordert Peters. Wir versprechen uns von dieser Entscheidung mehr Weitsicht und die Bereitschaft der IG Metall, ihre Tarifpolitik konsequenter an den Bedürfnissen auch kleinerer, nicht global operierender mittelständischer Unternehmen auszurichten.“